Berichte 2013

Auf dem Weihnachtsmarkt 2013 in Flehingen
Wie in jedem Jahr nahm der Museumsverein wieder mit einem kleinen Stand am Weihnachtsmarkt in Flehingen teil. Neben aktuellen Büchern und dem Malbuch Flehingen hatten wir wieder unseren Kalender, diesmal natürlich für das Jahr 2014 dabei. Er ist ein sehr beliebtes Weihnachtsgeschenk geworden.
Es gibt ihn auch noch, solange der Vorrat reicht, in der Postagentur Flehingen zu kaufen.

Gedenkfeier zur 75. Wiederkehr der Reichspogromnacht 1938 in Eppingen
Etwa 150 Mitwirkende und Teilnehmer hatten sich zur Gedenkveranstaltung an die Reichspogromnacht am Platz der ehemaligen Synagoge versammelt. Eingeladen hatte die Stadt Eppingen, die Selma Rosenfeld- Realschule, das Hartmanni- Gymnasium, die Ev. und Kath. Kirchengemeinde, die Ev.- Methodist. Kirche, die Freie Christliche Gemeinde Vineyard und die Ev. Kirchengemeinde Gemmingen zusammen mit Jüdischem Leben Kraichgau.
Der Ehrengast Rabbiner Dan Blaufeld aus Karlsruhe gestaltete die Gedenkfeier entscheidend mit.
Schüler und Schülerinnen von der Selma Rosenfeld- Realschule gestalteten eine Sprechmotette an der Gedenkwand und nannten die Namen der in der Nazizeit umgekommenen jüdischen Eppingern und gaben ihnen so ihre Würde zurück.
Danach sang Rabbiner Blaufeld , was er zuvor ins Deutsche übersetzte: das Gebet für die Ermordeten.
Anschließend fand der zweite Teil der Gedenkfeier im Ev. Gemeindehaus statt, eingerahmt vom Unterstufenchor des Hartmanni-Gymnasiums. Er sang zu Beginn: „I have a dream“ und im Schlussteil „ Prayer for today“.
Diakon Peter- Michael Jahn von der Selma Rosenfeld- Realschule hatte mit seiner katholischen Religionsklasse ein berührendes Anspiel der damaligen Ereignisse der Progromnacht eingeübt, das nun aufgeführt wurde. Es handelte von der Freundschaft zwischen einer jüdischen und einer nicht-jüdischen Familie. Nicht nur die politischen, sondern auch die wirtschaftlichen Veränderungen stellten diese enge Freundschaft auf die Zerreißprobe.
Pfarrer Bokelmann sprach dann in seiner Ansprache davon, dass wohl den wenigsten der Anwesenden bewusst sei, dass in der Reichspogromnacht 90% aller jüdischen Geschäfte Deutschland zerstört worden seien.
Bürgermeister Peter Thalmann als Vertreter von Oberbürgermeister Holaschke nannte die Ereignisse der Reichspogromnacht: „...ein unauslöschliches Wundmal der deutschen Geschichte“. Er machte deutlich, wie wichtig es sei, dass wir „die Erinnerung wach halten, damit sie uns wach hält.“
Rabbiner Dan Blaufeld zeigte auf, dass die Anwesenheit an dieser Gedenkfeier nicht nur der zerstörten Synagoge galt, sondern vielmehr wegen der Menschen, die es betraf. Während und nach dieser Schreckensnacht seien über 30 000 Menschen ins Konzentrationslager geschickt worden. Davon seien über 2 000 ermordet worden. Er sei dankbar, dass die ermordeten Eppinger Juden von den Schülern namentlich erwähnt worden seien. So würden sie nicht vergessen.
Nach dem von ihm gesungenen Gebet von Maimonides aus dem 12. Jahrhundert „Ani m'amin“ (Ich glaube, auch wenn sich die Ankunft des Messias noch verzögert...) und einer Schweigeminute beschloss Pfarrer Bokelmann die Gedenkfeier.


Auf der Suche nach den Großeltern - Besuch aus Israel in Flehingen
Seit Juli 2012 ist das in Tel Aviv lebende Ehepaar Yael und Pinchas Waldmann in Europa unterwegs und sucht in Archiven und auf den jüdischen Friedhöfen nach Spuren der Familie. Die Mutter von Yael hat Flehinger Wurzeln: Auf dem jüdischen Friedhof befinden sich noch die Gräber der Großeltern Simon und Jeanette Hausmann. Mit Hilfe der Datenbank des Museumsvereins konnten die verwitterten Grabstellen schließlich auch von den beiden ausfindig gemacht werden. Yaels Eltern hatten 1933 Deutschland verlassen und in Israel eine neue Heimat gefunden, erzählt uns Yael Waldmann. Ihre Mutter hätte fast nie über Deutschland gesprochen. Deshalb haben sich sie uns ihr Mann entschlossen, gemeinsam durch Europa zu reisen, um über ihre Familien zu recherchieren. Seit Juli 2012 sind die beiden unterwegs. Nach Polen und Slowenien kamen sie schließlich nach Deutschland und auch nach Flehingen. Wir freuen uns sehr über den Kontakt und haben in den Waldmanns aufgeweckte, freundliche und humorvolle Menschen kennengelernt. Natürlich mußten sie mit uns auch noch eine Besenwirtschaft besuchen. An der Arbeit des Museumsvereins zeigten sie großes Interesse. Herr Wolfgang Schönfeld, der ja über die Schicksale der Flehinger Juden arbeitet, konnte zur Vervollständigung der Familiendaten der Hausmanns auch noch Wesentliches beitragen. Von Flehingen fuhren die beiden weiter nach Kühlsheim in Hessen und nach Darmstadt. Dort nahm sie der Historiker Sven Stromann-Bräuer vom Museumsverein in Empfang und half bei der Recherche am Geburtsort des Vaters Paul Hausmann. Danach werden die beiden nach Frankreich reisen, wo eine Tochter mit den Enkelkindern lebt. Im Sommer werden Yael und Pinchas Waldmann nach Tel Aviv zurückkehren. Wir freuen uns sehr auf ein Wiedersehen.

Führung jüdisches Bad Schönborn
Am Freitag, 22. März 2013 fand im Rahmen der Exkursion des Vereins Jüdisches Leben im Kraichgau e. V. eine Führung durch Teile des ehemals jüdischen Bad Schönborn statt. Die auch vom Museumsverein Flehingen-Sickingen e. V. teilnehmenden Mitglieder erfuhren durch sachkundige Erläuterungen die Geschichte der Entstehung der jüdischen Gemeinde im frühen 18. Jahrhundert bis hin zu den Verfolgungen der Nazi-Zeit.
Besonderes Gewicht wurde bei der Führung auf die Darstellung der Industriegeschichte gelegt. Etliche der am Ort ansässigen jüdischen Familien betrieben Zigarrenherstellung in eigenen Fabriken. Die Namen Östreicher und Neumann wurden in diesem Zusammenhang besonders hervorgehoben.

Die Beschäftigung in den Fabriken der jüdischen Arbeitgeber gab vielen nicht sehr vermögenden Mingolsheimern die Möglichkeit, ihren Lebensunterhalt zu verdienen.
Im Lauf der politischen Veränderungen während der Nazizeit wurden viele dieser Betriebe „arisiert“, ihre Besitzer mussten weit unter Verkehrswert verkaufen.
Der Weg führte auch zur ehemaligen Mingolsheimer jüdischen Schule und Synagoge, die heute privat genutzt wird. Die Sandsteineinfassungen der Fenster mit ihren typischen Rundbogen verraten noch heute die ehemalige Verwendung als Gottesdienstraum.
Gesprächs- und Nachfragemöglichkeiten, die rege genutzt wurden, gab es zum Abschluss im Restaurant Erck. (WS)
Osterbrunnen in Sickingen

Trotz der Kälte zog das Museumsteam um Frau Brigitte Springer aus, um auch in diesem Jahr wieder die Brunnen in Flehingen und Sickingen zu schmücken.
Herr Bernd Schweitzer und Herr Wolfgang Dresler hatten im Vorfeld eine Krone geschweißt, die die statische Grundlage für die bunten Eier und Zweige bilden konnte. Und so entstand dann nach und nach das Kunstwerk. Unterstützt wurde Frau Springer durch ihre Familie Hubert, Eva-Maria und Cornelia sowie von Dominik Hondmann. Wir danken allen Aktiven, die zu dem Brunnenschmuck beigetragen haben, herzlich für ihre Unterstützung und freuen uns auch sehr über den Flehinger Brunnen.



Museumsverein auf der Fachtagung der Landeszentrale für politische Bildung "Antisemitismus heute. Vorurteile im alten und neuen Gewand - was tun?"
Vom 4. bis 5. Februar trafen sich im Haus auf der Alb in Bad Urach
rund 80 Multiplikatoren aus Schulen, Projekten der Extremismusprävention, Gedenkstätten, Vereinen und pädagogischen Einrichtungen und erarbeiteten zwei Tage lang Möglichkeiten zur Bekämpfung antisemitischer Einstellungen.
Namhafte Experten aus der Fachwissenschaft und der Bildungsarbeit präsentierten aktuelle Erkenntnisse der Antisemitismusforschung. "Die politische Bildungsarbeit zum Antisemitismus orientiert sich noch immer zu sehr am ,Dritten Reich' und am Holocaust", stellte Prof. Dr. Armin Pfahl-Traughber von der Fachhochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung in Brühl fest. Damit finde eine Fixierung auf besonders stark ausgeprägte und folgenreiche Formen der Judenfeindschaft statt. Zu dieser Feststellung kamen auch andere Experten und Teilnehmer der Fachtagung. Auch Prof. Dr. Albert Scherr, Leiter des Instituts für Sozialwissenschaften an der Pädagogischen Hochschule Freiburg, problematisierte die Holocaust-Erziehung. Verbunden mit der moralischen Botschaft einer gesellschaftlich unerwünschten Judenfeindschaft lege das auch das Denkmuster nahe, denen zufolge Juden einer Sondergruppe angehörten. Der Mannheimer Historiker Prof. Dr. Peter Steinbach warb für einen Geschichtsunterricht, der auf die Vermittlung von historischen Kenntnissen und auf die Gegenwart ausgerichtet ist. Im historisch-politischen Unterricht ließen sich Probleme des Zusammenlebens wie beispielsweise die Erfahrung von Ausgrenzung besprechen. Es gelte, die Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus als Chance zur kritischen Selbstbefragung zu begreifen.

Die Fachtagungsteilnehmer sprachen sich zugleich dafür aus, daß Themen wie der Nahostkonflikt, Islamismus und auch die sich wandelnden Wahrnehmungen gesellschaftlicher, politischer und ökonomischer Bedingungen einbezogen werden. Prof. Dr. Andreas Zick vom Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung an der Universität Bielefeld stellte Forschungsergebnisse zur gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit vor. Der Sozialpsychologe wies auf Einstellungen hin, die eine antisemitische Haltung befördern können - wie etwa anwachsende Bedrohungsgefühle in der Mitte der Gesellschaft oder auch das um sich greifende Misstrauen gegen Politik und Demokratie. Je höher die Bildung sei, erklärte Zick, desto schwächer sei der Antisemitismus ausgeprägt.
Besondere Herausforderungen ergeben sich aus den Bedingungen der Einwanderungsgesellschaft. In den heterogenen Schulklassen ist ein anderer Diskurs über Antisemitismus notwendig. "Der Nahostkonflikt dient vielen Jugendlichen als Projektionsfläche für eigene Diskriminierungserfahrungen", stellte Dr. Jochen Müller vom Berliner Verein ufuq.de fest.

Aus dem Kreis der rund 80 Multiplikatoren, die an der Fachtagung teilnahmen, wurden u. a. die folgenden Empfehlungen formuliert:
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Der Antisemitismus sollte auch in seinen aktuellen Ausprägungen stärker in den Bildungsplänen des Landes verankert werden - und dies auch in anderen Fächern als nur im Geschichteunterricht.
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Im Sinne von Vielfalt, Toleranz und Multiperspektivität geht es auf allen Ebenen der pädagogischen Arbeit darum, jüdisches Leben in Deutschland und Europa in seiner Normalität darzustellen und zu behandeln. Es geht dabei um die stärkere Erinnerung an die gemeinsame christlich-jüdische Geschichte Europas statt einer reinen Fokussierung auf jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger als "Opfergruppe".
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Die Gedenkstättenlandschaft Baden-Württembergs ist von einer besonderen Vielfalt und Dezentralität geprägt. Diese gilt es zu bewahren und zu fördern, denn die Gedenkstätten im Land sind besondere außerschulische Lernorte, an denen sich Schülerinnen und Schüler ohne Leistungsdruck mit Themen wie dem Antisemitismus auseinandersetzen können.
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In der politischen Bildungsarbeit ist nachhaltige Präventionsarbeit gefordert.

Auf dem Flehinger Weihnachtsmarkt:
Kalender für 2013 und
Malbuch Flehingen ein Renner
In Flehingen beginnt die Weihnachts-Saison ja sehr früh. Am Wochenende um den ersten Advent stellte der Museumsverein wie jedes Jahr seinen Kalender zusammengestellt aus historischen Aufnahmen aus Familienschätzen vor.
Dieses Jahr gab es aber eine besondere Überraschung. Für die kleineren Flehinger gab es dieses Jahr auch noch das Malbuch Flehingen mit den historisch wichtigen Gebäuden und Personen zum erzählen und ausmalen.:Die Zeichnungen stammen von Frau Birgit Lehmann, die in ihren drei Ausbildungsjahren hier im Flehinger Schloß die Umgebung genau beobachtet und gezeichnet hat.
Das Malbuch gibt es, solange der Vorrat eben reicht, für 4.- Euro noch in der Postagentur Flehingen zu kaufen. Dort gibt es auch noch ein paar Exemplare des Kalenders 2013 für 10.- Euro und die Vorbestellungen können dort auch abgeholt werden.
Und bei dieser Gelegenheit möchten wir auch allen Mitgliedern und Freunden danken, die den Stand betreut haben: Frau Sabine Zimmermann, Herrn Günter Zeller, Herrn Volker Reeck, Herrn Helmut Eberhardt, Frau Ellen Rausch, Herrn Volker Geisel und Frau Ute Coulmann.

Zum Gedenken an die Reichspogromnacht 1938
nach Eppingen
Jedes Jahr am 9. November gedenken Menschen aus der ganzen Region in Eppingen der Reichspogromnacht. Um 17:00 Uhr gab es auch in diesem Jahr wieder eine kleine Gedenkfeier an der ehemaligen Synagoge in der Kaiserstraße.
Eingeladen hatten der Verein Jüdisches Leben Kraichgau. Die Vorsitzende, Frau Elisabeth Hilpert, sprach deshalb auch die einleitenden Worte. Oberbürgermeister Klaus Holaschke hielt außerdem eine kurze würdige Ansprache. Schülerinnen und Schüler der Selma-Rosenfeld-Realschule und des Hartmanni-Gymnasiums hatten für Musik und Lichter gesorgt und fanden in der "Litanei für die Entwürdigten" von Rainer Moser-Fendel für uns die gemeinsamen Worte. Darin heißt es:
"Wir wollen stark sein, damit wir uns immer wieder einsetzen
für die Wahrung der Menschenrechte
und die Achtung der Würde eines jeden Menschen.
Wir stehen hier gegen das Vergessen."

Führung des Museumsvereins durch das jüdische Flehingen
Am Kerwe-Sonntag, dem 28. Oktober 2012, beteiligte sich der Museumsverein wieder mit einer historischen Führung an der Kerwe, diesmal auf den Spuren des jüdischen Flehingen. Die Besucherzahl war, trotz frühem Schnee und eisigen Temperaturen, mit fast einhundert Personen enorm hoch.
Die Führung begann an der „Bushaltestelle“ hinter dem Schloß auf dem KVJS-Parkplatz. Von da aus ging es zur ersten Station, dem jüdischen Friedhof. Herr Volker Geisel aus Zaisenhausen, für evangelische Flehinger ein vertrautes Gesicht, nahm uns dort in Empfang und erzählte von den Jenseitsvorstellungen und Bestattungsritualen in der jüdischen Religion und den regionalen Ausprägungen. Er zeigte den Aufbau des Friedhofs, erklärte die Zeichen auf den Steinen und übersetzte die Formensprache. Für viele Gäste war es nicht der erste Besuch auf einem solchen Friedhof, aber für viele der erste in Flehingen, da dieser Ort gewöhnlich der Öffentlichkeit nicht zugänglich ist. Er wurde bereits 1688 angelegt und mehrfach, zuletzt 1926, erweitert und liegt ja außerhalb zwischen Flehingen und Gochsheim. Auch die jüdischen Begräbnisse der Gemeinden Bauerbach und Gochsheim fanden dort statt. Deswegen und wegen seines Alters ist er historisch von besonderer Bedeutung.

Danach ging es mit dem Bus zurück zur zweiten Station, dem Hinterdorf. Dort begrüßte Frau Ute Coulmann die Besucher, die nicht nur aus Flehingen und der unmittelbaren Umgebung kamen. Einige waren extra aus Bruchsal, Pforzheim, Eppingen oder Bretten angereist.
Obwohl Juden in Flehingen seit 1548 nachgewiesen sind, beginnt die Blütezeit erst nach dem Pfälzischen Erbfolgekrieg. Woff-Metternich schätzte die Schutzjuden als Wirtschaftsfaktor und gute Steuerzahler und erlaubte deshalb die Ansiedlung. Sie trugen dann auch maßgeblich zum Wiederaufbau nach dem 30jährigen Krieg bei. 1689 rettete der Jude Affromle (eigentlich: kleiner Abraham) Flehingen 1689 vor dem Brand, den die Franzosen legten.
Danach wächst die Zahl der Juden bis ins späte 19. Jahrhundert, als Stadtflucht und erste Auswanderungsbewegungen einsetzten. Die Blütezeit des jüdischen Flehingen lag aber in der Biedermeierzeit. Mit bis zu 14 % der Bevölkerung war Flehingen eine bedeutende jüdische Gemeinde, die größte in Nordbaden, was sich auch in den Bauaktivitäten und Gebäuden widerspiegelt. Es ging vorbei am Gebäude der früheren jüdischen Metzgerei in eines der größten Viehhandelshäuser Flehingens, nämlich das der Familie Schlessinger. Dort im Stall für die Zwischenlagerung von bis zu 32 Tieren berichtete Frau Ute Coulmann von den wirtschaftlichen Grundlagen der jüdischen Landbevölkerung, den Fernhandelsbeziehungen bis Ulm und Basel und ihrer Forschungsarbeit zu den Handelskonditionen zwischen jüdischen Händlern und christlichen Bauern, die durchweg so gestaltet waren, daß sie beiden Seiten zum Vorteil gereichten. Vorbei auch an der alten Synagoge, die bis 1874 in Gebrauch war. Wegen der aktuellen Berichterstattung war sie Gegenstand von besonderem Interesse.

Der dritte Teil des Rundgangs beschäftigte sich mit verschiedenen Schicksalen von Flehingern während der Weimarer Republik und der NS-Zeit, beispielsweise der Familie Stahl. An dem ehemaligen Standort der neuen Synagoge, die am 1. Mai 1874 eingeweiht worden war, zeigte Herr Wolfgang Schönfeld aus Zaberfeld aufwendig erstellte graphische 3-D-Rekonstruktionen einer der schmuckesten Synagogen im Kraichgau, die 1938 von den Nazis zerstört wurde, und zeigte auch die Lage der ehemaligen Mikwe, deren Standort er ja für den Museumsverein letztes Jahr entdeckt hat.
Der Museumsverein dankt dem Exkursionsteam Herrn Volker Geisel, Herrn Wolfgang Schönfeld und Frau Ute Coulmann für die spannenden und gelungenen Ausführungen, der Fa. Stuber aus Zaberfeld für die kurzfristige Einrichtung der Buslinie, Herrn Gerhard Saier für seine Fahrkünste und dem Ortsvorsteher, Herrn Günter Zeller für seine Fotos, Herrn Helmut Schmidt, für die reibungslose Kooperation und Unterstützung der Gemeinde. Und natürlich allen fast einhundert Besuchern und Gesprächspartnern für ihr nimmermüdes Interesse und ihre vielen, vielen aufmerksamen Fragen.

Auf der Jahrestagung von Alemannia Judaica am 12. und 13. Oktober 2012 in Kirchheim/Teck
Ein fröhliches Wiedersehen gab es da am Fuße der Schwäbischen Alb. Die Forschungsgemeinde um Dr. Joachim Hahn traf sich wieder, um Forschungsergebnisse auszutauschen, aktuelle Projekte vorzustellen und neue Ideen zu entwickeln. Wer sich in Baden-Württemberg und den angrenzenden Ländern mit jüdischer Geschichte beschäftigt, ist dabei, so wie auch der Museumsverein.
Schon das Rahmenprogramm war spannend und informativ. Wir besuchten zunächst das Jüdische Museum in Göppingen-Jebenhausen und sahen uns wichtige jüdische Gebäude an.
Um 18:30 Uhr gab es dann in Kirchheim drei Vorträge, die, über die Volkshochschule beworben, auch weiteren Interessenten offenstanden: Dr. Rolf Götz referierte über die spätmittelalterliche Judengemeinde in Kirchheim, Dr. Stefan Lang über die jüdische Niederlassung in Neidlingen und Prof. Dr. Andreas Lehnhardt von der Universität Mainz über Fragmente hebräischer Schriften. Anschließend saßen wir noch gemütlich beisammen.

Am Sonntag gegen 9:00 Uhr begrüße uns Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker im Großen Sitzungssaal von Kirchheim: "Ich habe Hochachtung vor der Arbeit, die Sie alle in Ihren Gemeinden leisten!" Stadtarchivar Dr. Roland Deigendesch und Dr. Joachim Hahn führten die über fünfzig Teilnehmer anschließend durch die Tagung. Zunächst wertete Frau Sibylle Thelen von der Landeszentrale für politische Bildung den Europäischen Tag der jüdischen Kultur aus und berichtete allgemein von der Gedenkstättenarbeit. Danach informierten uns Frau Angelika Brosig und Steinmetzmeisterin Birgt Hähnlein über die Restaurierungsarbeiten auf dem jüdischen Friedhof in Schopfloch. Darauf berichteten dann alle Tagungsteilnehmer von der Arbeit in ihren Gemeinden. Der Zustand der ehemaligen alten Synagoge in Flehingen war, wie schon im Vorjahr, Gegenstand besonderen Interesses. Nach dem Mittagessen beschloß die Runde deshalb einmütig, als nächsten Tagungort, der turnusgemäß ohnehin in Baden liegen sollte, unser Flehingen auszuwählen. Über dieses Zeichen außergewöhnlicher Solidarität freute sich der Museumsverein sehr und wird im Oktober 2013 für seine Gäste ein ganz besonderes Rahmenprogramm zusammenstellen.

Archäologie im Zabergäu
Im Rahmen einer Versammlung des Zabergäu-Vereins hielt der Archäologe Sven Jäger M.A. einen aufschlußreichen Vortrag
über die Funde in Flehingen und im Zabergäu.
Er beschrieb anhand verschiedener Artefakte die Entwicklung der frühen Alamannen an Rhein, Neckar und Elz.
Dem Entdecker der meisten Stücke aus römischer und alamannischer Zeit, Martin Kössler aus Großvillars, sagte es sehr zu, daß sich so viele Funde gut und eindeutig zuordnen und datieren ließen und so spannende Schlußfolgerungen gezogen werden konnten. Insgesamt verbrachten wir einen überaus lehrreichen und spannenden Abend und haben uns auch sehr über das Wiedersehen mit Sven Jäger und seinem Team gefreut.

Argumentationstraining gegen Stammtischparolen am 25. August 2012
Gemeinsam mit der Landeszentrale für Politische Bildung und dem Landesamt für Verfassungsschutz war es der zweite Tag, den der Museumsverein Flehingen-Sickingen e.V. im Rahmen des Ferienprogramms der Gemeinde Oberderdingen anbot.
Sensibilisieren, Aufklären und das Werkzeug für mutiges Handeln gegen Extremismus vermitteln, das ist das Ziel des Präventionsprojektes „Team meX". Dazu kamen zwei Mitarbeiterinnen am Samstag, den 25. Augist 2012 nach Flehingen zu den insgesamt fünfzehn Teilnehmerinnen und Teilnehmern im Alter von 14 bis 72 Jahren. Nach einer kurzen Kennenlernrunde ging es direkt los. In einem ersten Rollenspiel lernen wir die Mechanismen von Sprücheklopfern und Ausgrenzung kennen, wie sie nicht nur an Stammtischen, sondern auch am Arbeitsplatz, in der Schule oder im Verein stattfinden. Wir konnten typische Entwicklungen beobachteten und hatten trotz manch ungewohnter Rolle auch viel Spaß beim Lernen und Diskutieren. Vor allem als unser Ortsvorsteher Herr Helmut Schmitt kurz hereinschneite und mit klugen, ruhigen Argumenten und brillantem Witz kurz mal vorführte, wie souverän und humorvoll man auf flache Sprüche reagieren kann. Da waren sogar die Teamer beeindruckt.

Nach dem Mittagessen gab es dann weiteres Rollenspiel, aber auch viel Hintergrundinformation, beispielsweise, daß hinter plumpen Parolen oft nur Angst oder Neid dahintersteckt. Häufig werden Abwesende herabsetzen, die sich deshalb auch nicht wehren können. Wir erkannten, daß es oft auch gar nicht um den Austausch von Argumenten geht, sondern nur um Stimmungsmache. Die besondere Gefahr besteht darin, daß genau das der Nährboden ist, aus denen dann Übergriffe und Anschläge ihre Legitimation ziehen.

Und wir merkten auch selbst, daß es so viel einfacher ist, oberflächlich und nur scheinbar lustig daherzureden, vor allem, wenn der Spaß auf Kosten von Minderheiten geht. Ob Russen, Juden, Frauen, Ausländer, Behinderte, alles was anders ist oder wen man zu anderen erklären kann - die Ziele sind beliebig und die Mechanismen austauschbar. Und wir prägen uns auch die Gegenmaßnahmen ein: Logik und gesunder Menschenverstand, Tatsachenwissen und konsequentes Hinterfragen, aber sehen auch, daß es Zivilcourage dafür braucht. In einer streitbaren Demokratie sind wir ja alle aufgerufen, die gemeinsamen Werte zu verteidigen. Wie sich in der Abschlußrunde dann auch zeigte, nahmen wir alle viel Nachdenkliches und viel Nützliches mit.

Wir danken der evangelischen Kirchengemeinde Flehingen für die Überlassung des Gemeindehauses und unserer aufmerksamen Fee, Frau Sabine Zimmermann, die uns unsichtbar mit Kaffee, Würstchen, Kartoffelsalat, Kuchen und allem anderen versorgte. Und wir danken dem Land Baden-Württemberg für dieses wichtige Angebot, der Landeszentrale für die kompetente und unkomplizierte Organisation, Heike und Maria vom TeamMex für diesen interessanten und lehrreichen Tag und vor allem der Landesstiftung Baden-Württemberg, aus deren Mitteln dieser Tag finanziert wurde.

Märchentag mit Martin Rausch am 31. Juli 2012
Am diesjährigen Märchentag des Museumsvereins Flehingen-Sickingen e.V. verwandelten Herr Martin Rausch aus Flehingen die Wiese vor dem Wasserschloß wieder in eine Zauberwelt. In dem Rundzeit gab es dann Geschichten und ein vielfältiges Programm rund um das Thema Märchen. Frau Sabine Zimmermann versorgte das Dutzend Kinder mit Saft und Brezeln und tobte mit ihnen durch den Park. Auch das Wetter spielte wunderbar mit.
Das Aufbauteam ist inzwischen eingespielt und schafft es mit Grips und Manpower die Jurte in ganz kurzer Zeit mustergültig aufzuschlagen. Herr Rausch bannte dann die Kinder mit seiner Erzählweise. Es gibt in der ganzen Region kaum jemand, der diese Kunst so beherrscht. Und drumherum gab es viel Spaß mit Luftballons und Spinnennetzen.
Vielen herzlichen Dank für diesen wunderschönen Ferientag sagen wir Herrn Martin Rausch und Frau Sabine Zimmermann, die den Tag im wesentlichen gestalteten, aber auch allen Backstage-Helfern: Herrn Wolfgang Dresler, Herrn Udo Katzenmaier, Herrn Volker Reeck, Herrn Gerhard Schwara und Herrn Günter Zeller. Wir danken auch der Gemeinde Oberderdingen für die Überlassung des Vorplatzes und Herrn Rüdiger Leicht und Frau Natalie Heckele für die freundliche Zusammenarbeit im Ferienprogramm.

Jubiläumsfest des Musikvereins Flehingen
75 Jahre Musikverein, das ist schon was. 1910 wurde die Blaskapelle der Erziehungsanstalt im Schloß Flehingen gegründet, allerdings 1936 schon wieder aufgelöst. Danach entschieden sich einige Musiker 1937, als Feuerwehrkapelle weiterzumachen. Das gilt als Gründungsjahr. Seither begeistern sie Flehingen mit vielen Konzerten. 1989 wurde dann daraus der Musikverein, aber immer noch in enger freundschaftlicher Verbundenheit mit der Feuerwehr. Mit einem großen musikalischen Fest wurde nun das Jubiläum begangen und wir haben kräftig und einige tapfer bis zum Schluß mitgefeiert. Herzlichen Glückwunsch!

Ausflug auf den jüdischen Friedhof nach Bretten
10. Juli 2012. Und dann standen wir vor dem schmiedeeisernen Tor, und links und rechts sehen wir im verwitternden Stein Inschriften, links auf deutsch und rechts auf hebräisch, und das ist wahrscheinlich die einzige jüdische Inschrift in Bretten, sagt Frau Leins. Wir gehen rein, das interessierte Grüppchen vom Museumsverein und unsere Führerin durch den Dschungel der Inschriften, die Stadträtin Frau Heidi Leins. Zuerst reden alle durcheinander, dann fasst uns nach und nach die Ruhe des Gottesackers inmitten des städtischen Wohngebiets, und irgendwann redet nur noch Frau Leins. Sie redet über die Steine und über die Familie Koppel. Sie zeigt uns traumhaft schöne verbundene Grabsteine hinten auf dem älteren Teil des Friedhofs, und sie erzählt von dem tragischen Schicksal der letzten der Sippe. Und daß die Brettener jüdischen Familien oft Viehhändler waren oder Pferde verkauften, sogar bis nach Paris. Sehr zentral steht das Kriegerdenkmal der jüdischen Opfer des ersten Weltkriegs, daneben ein Rabbinergrab. Und dazwischen immer wieder Geschichten der Menschen, die hier Ruhestätte gefunden haben, bis hin zur vermuteten letzten, heimlichen Bestattung in dunkler Zeit. Am Ende der Führung danken wir Frau Leins vielmals für die Reise in die Vergangenheit, ihre fachkundigen Erklärungen und ihre charmante Erzählweise.(VR)

Neues Buchprojekt mit Biografien bedeutender Kraichgauer Juden
Nach dem großen Erfolg der Ausstellung startete am 24. Mai 2012 mit einem Treffen in Eichtersheim das Buchprojekt „Biographien bedeutender jüdischer Persönlichkeiten aus dem Kraichgau“. Initiatoren waren wie schon zuvor Herr Bernd Röcker, ehemaliger Vorsitzender des Heimatkreises Kraichgau e.V., und Herr Michael Heitz aus Eppingen vom Verein Jüdisches Leben Kraichgau e.V. , die auch die Redaktion übernehmen werden.
Wieder wird es eine großangelegte Arbeit, in der Archivare, Historiker, Bibliothekare, Pädagogen, Theologen, Judaisten und Heimatforscher gemeinsam die Biographien von ca. fünfzig bedeutenden jüdischen Personen zusammentragen und skizzieren werden. Das Werk kann dann als regionales Lexikon dienen. Einen Schwerpunkt bildet dabei das 19. Jahrhundert.
Für jede Biographie werden einschließlich der Quellen und der weiterführenden Literatur etwa neun Seiten zur Verfügung stehen. Die Mittel für den Druck stehen bereits zur Verfügung. An diesem Abend ging es nur noch um eventuell anfallende Kosten für Bildrechte.
Der Museumsverein wird mit mehreren Beiträgen vertreten sein: Herr Wolfgang Schönfeld widmet sich dem bekannten Östringer Maler Gustav Wolf. Herr Sven Stromann-Bräuer M.A. wird einige bekannte Auswanderer in die USA bearbeiten. Frau Ute Coulmann wird den aus Flehingen stammenden großen Orientalisten Jakob Barth würdigen.
Im September 2012 will man sich dann wieder treffen, um die Fortschritte zu besprechen und Erfahrungen und Quellenfunde auszutauschen. Das Buch wird voraussichtlich Ende 2013 erscheinen und über den Buchhandel erhältlich sein.

Bericht von der Mitgliederversammlung 2012
Die diesjährige Generalversammlung fand am 9. Mai 2012 im Nebenraum des Schloßkellers statt. Brav und satzungsgemäß erledigten wir alle wichtigen Vereinsangelegenheiten: Unser Schatzmeister, Herr Günter Zeller, legte gemeinsam mit unseren Kassenprüfern, Herrn Wolfgang Dresler und Herrn Udo Kazenmaier, seinen Bericht vor und wurde entlastet.
Der Vorstand insgesamt legte daraufhin den Rechenschaftsbericht vor und wurde anschließend entlastet. Von besonderem Interesse für die Mitglieder war natürlich die immer noch laufende Petition, mit der der Museumsverein beim Landtag Baden-Württemberg als oberstem Dienstherren vom Denkmalamt Maßnahmen zum Erhalt der ehemaligen Synagoge in der Samuel-Friedrich-Sauter-Str. 14 in Flehingen erbittet. Diese Bittschrift war just an diesem Tag vom Petitionsauschuß verhandelt worden. Bis zum Ende der Versammlung konnten wir aber in Erfahrung bringen, daß die Entscheidung nicht sofort gefallen war. Sie wird vom Landtag als bedeutend eingestuft, so wichtig, daß die Damen und Herren Abgeordneten in ein paar Wochen sich vor Ort selbst ein Bild machen wollen und einen Ortstermin veranlassten. Das wurde von allen mit Begeisterung aufgenommen.

Aber auch außerhalb des Museumsprojekts gab es Erfreuliches zu berichten; vor allem von der laufenden Arbeit im Hintergrund, die ja neben den Ausflügen, Exkursionen und Veranstaltungen auch noch erledigt sein will, wurde berichtet: Viele der Anfragen aus dem In- und Ausland nach Verwandten, jüdischen Schicksalen, Grabsteinen, genealogischen Verbindungen oder Handelsbeziehungen hatten wir zeitnah erledigen können. Besonders erfreulich war, daß sich inzwischen auch Institutionen wie z.B. das Stadtarchiv Frankfurt oder Yad Vashem aus Jerusalem direkt an uns wenden und wir helfen können. Auch die Forschungen unseres Mitglieds Herrn Sven Stromann-Bräuer waren da eine wichtige Hilfe. Er erzählte den Mitgliedern von seinen Nachforschungen in Washington und New York. Was dabei herauskam, wird er demnächst noch ausführlicher darstellen.
Flehingen ist, als bedeutende jüdische Gemeinde, nun auch mit einem Sitz im Beirat des Vereins Jüdisches Leben Kraichgau e.V. vertreten. Der Museumsverein ist zudem Mitglied im Arbeitskreis Gedenkstätten des Landes Baden-Württemberg geworden. Auch wenn wir keine Gedenkstätte planen oder sind, so passen wir doch gut in den Wissenschaftsverbund, da wir oft an ähnlichen Themen arbeiten.
Außerdem besprachen wir, was der Museumsverein vorbereitet oder plant. Hier auch für alle gleich die kommenden Termine:
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24. Mai 2012, Eichtersheim: Beginn des Buchprojekts
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22. Juni 2012, Heimsheim: Exkursion Jüdischer Friedhof, gemeinsam mit JLK
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10. Juli 2012, Bretten: Exkursion Jüdischer Friedhof mit Erläuterungen durch Frau Heidi Leins
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29. Juli 2012, Flehingen: Wir helfen beim Umzug des Musikvereins Flehingen
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Im Ferienprogramm: Anfang August 2012: Märchentag
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Im Ferienprogramm: 25. August 2012: Argumentationstraining gegen Stammtischparolen, gemeinsam mit der Landeszentrale für politische Bildung
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5. Oktober 2012, Leingarten-Schluchtern: Exkursion, gemeinsam mit JLK
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13.-15. Oktober 2012: Jahrestagung Alemannia Judaica
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28. Oktober 2012: Historische Führung Flehingen am Kerwe-Sonntag
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1./ 2.12.12: Weihnachtsmarkt Flehingen
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Herbst 2013: Symposion zum Thema „Auswanderung: Altes Land, neues Land? Menschen auf der Suche nach Heimat“
Alle Termine stehen allen Interessierten offen, eine Mitgliedschaft ist nicht erforderlich.
Im Anschluß an die Mitgliederversammlung, bei der alle Amtsinhaber mit großem Lob bedacht wurden, sind wir auch noch ein wenig zusammengesessen und haben erzählt und diskutiert, gegessen, gefeiert und gelacht.

Besuch von Mr. und Mrs. Herbert Weingartner aus den USA in Flehingen
Der Kontakt von dem 1935 in Karlsruhe geborenen einstigen Flehinger Mr. Herbert Weingartner Ph.D. zum Museumsverein bestand schon länger, nur der Besuch stand noch aus. Der 1939 mit seiner Familie in die USA emigrierte Wissenschaftler aus Maryland macht jetzt gerade gemeinsam mit seiner Frau Laurie eine Radtour in der Toskana und konnte davor einige Tage an seinem einstigen Heimatort verweilen. Mr. Weingartner ist ein in Fachkreisen sehr bekannter Wissenschaftler auf dem Gebiet der Neurobiologie, der ein Forschungsprogramm zu Gehirn und Gedächnisfunktionen leitete, auf dem u.a. Ansätze zur Therapie der Alzheimer-Erkrankung aufbauen. Wir waren also sehr gespannt.
Am 11. April gab es zunächst ein gemeinsames Abendessen mit ihm und Mitgliedern des Museumsvereins. Mr. Weingartner erwies sich als humorvoller, kultivierter und belesener Gesprächspartner und war äußerst interessiert an dem aktuellen Umgang der Flehinger mit ihrer Geschichte. Auch wenn unser Konversationsenglisch erst wieder entrostet werden mußte, konnten wir doch einiges erzählen und auch viel aus der Perspektive der damals Ausgewanderten erfahren. Manchmal half auch noch badisch weiter, das Mr. Weingartners fließendes Deutsch bis heute prägt.
Nebenbei kam auch das Gespräch auf die heutige Nutzung des Schlosses als Bildungszentrum. In den USA gibt es kein unserer Berufsschulausbildung vergleichbares System - und schon gar keine Fachschule für Heilerziehungspflege. Da Mr. Weingartner beruflich und wissenschaftlich für das amerikanische National Institute of Mental Health (etwa: Bundesinstitut für geistige Gesundheit) tätig war, interessierte ihn das am modernen Flehingen ganz besonders.
Kurzerhand organisierten wir deshalb am Donnerstag noch eine Schulbesichtigung einschließlich Mittagsessen, an dem auch Herr Volker Geisel teilnahm, und eine kleine Schloßführung. Vor allem Mrs. Weingartner war begeistert von der Schule und konnte nicht fassen, daß ein Internat, in dem so viele junge Menschen logieren, so gepflegt und einladend sein konnte. Und von so hübsch hergerichteten Zimmern hätte sie zu ihrer College-Zeit nur geträumt.
Herr Wolfgang Schönfeld komplettierte das Flehingen-Programm mit einem Rundgang durch das jüdische Flehingen. Herr Sven Stromann-Breuer M.A. konnte Mr. Weingartner diesmal leider nicht treffen. Der Historiker hatte Mr. Weingartner im Rahmen seiner Recherchen zu deutschstämmigen Migranten in die Vereinigten Staaten bereits 2011 in seiner neuen Heimat besucht. Herr Schönfeld ist, wie seine Frau behauptet, inzwischen fast selbst ein Weingärtner, weil er seit Jahren die Geschichte dieser außerordentlich interessanten Familie von Flehingen über Zaberfeld, in dem ganzen Kraichgau, Frankreich und natürlich auch in den USA rekonstruiert. Und so blieb der Abend und der dritte Tag den Familiengeschichten und Familienschicksalen der Weingärtners vorbehalten.
Wir haben den Besuch der Weingartners außerordentlich genossen und freuen uns sehr auf den Herbst, denn Mr. und Mrs. Weingartner, nein Herb und Laurie, wie wir inzwischen sagen dürfen, sie werden dann wieder und dann nur nach Flehingen kommen, diesmal mit ihren Kindern. Ein besonderer Dank gilt dem Bildungszentrum, Herrn Klaus Boch und Herrn Jürgen Herrmann für die spontane Einladung, Frau Müller und dem Küchenteam für ihr wunderbares Mittagessen und Frau Ilka Würtz-Blankenhorn und dem Team von der Hauswirtschaft für das wohl „sauberste College der Welt“.

ps: Ein Kinderbild von Mr. Herbert Weingartner findet sich im aktuellen Kalender des Museumsvereins als Novemberbild vor der ausgebrannten neuen Synagoge in der Gochsheimer Straße, aufgenommen unmittelbar vor der Emigration im Januar 1939 in die USA.
pps: Unter http://www.zeit.de/1981/08/chemische-kruecken-fuer-loechrige-hirne
ist ein Aktikel auf Deutsch,
der einen kleinen Einblick in die
frühere Forschungsarbeit
von Mr. Weingartner vermittelt.