Berichte 2015-2016

250 Jahre Samuel Friedrich Sauter
(1766-1846)
Das Jahr 2016 stand für den Verein ganz im Zeichen dieses Jubiläums.
Samuel Friedrich Sauter wurde am 10. November 1766 in Flehingen geboren und war ein deutscher Dorfschullehrer und Volksdichter. Er starb am 14. Juli 1846 ebenfalls in Flehingen.
Er stammt aus der Gastwirtschaft „Sonne“. Von 1786 an war er Lehrer in Flehingen. 1816 ging er nach Zaisenhausen, wo er bis zum Ruhestand 1841 blieb. Von 1816 bis zu seinem Ruhestand 1841 unterrichtete Sauter die Dorfkinder in Zaisenhausen.
Sauter ist vor allem bekannt durch seine 1811 erschienene Sammlung Volkslieder und andere Reime. Den Arzt Adolf Kussmaul und seinen Freund, der Jurist Ludwig Eichrodt, inspirierten sie zu lustigen Parodien, in denen sie ihm den Namen Weiland Gottlieb Biedermeier als Pseudonym gaben. 1853 erschien ihr Band „Gedichte in allerlei Humoren“. Es wurde zum Verkaufsschlager und machte Sauter unfreiwillig zum Namenspaten der später so genannten Epoche des Biedermeier.
Vor lauter Dichtung wird oft übersehen, daß Samuel Friedrich Sauter als Lehrer auch mit der evangelischen Kirchengemeinde Flehingen und später auch mit der in Zaisenhausens aufs engste verbunden war. Das ergibt sich schon aus seiner Stellung als Dorfschulmeister. Dieser hatte nämlich die Kinder nicht nur im Lesen, Schreiben und Rechnen zu unterrichten, sondern üblicherweise auch den protestantischen Religionsunterricht zu übernehmen. Bereits 1757 hatte Carl Friedrich per Verordnung verfügt, daß die Lehrer dazu befähigt sein müssen. „Seit Wir die vom Allerhöchsten Uns anvertraute Regierung Unserer Lande übernommen, haben Wir nichts so sehr in Betrachtung gezogen als die geist- und leibliche Wohlfahrt Unserer lieben und getreuen Unterthanen auf das beste nach allen Stücken zu besorgen. Da nun der Grund, zu aller wahren Glückseligkeit, auf einem geschickten Unterricht der Jugend in den Schulen, vornehmlich bestehet, wodurch den zarten Herzen bei Zeiten eine lebendige Erkenntnis der Tugend und wahren Gottesfurcht eingepräget wird, (…) haben Wir (…) Unsere Verordnung (…) wegen der dazu erforderlichen Examinierung beschlossen. (...)
1. Und zwar solle er nicht nur das Buchstabiren, ohne welches das Lesen niemals gründlich erlernet wird, selbsten wohl verstehen, sondern auch im Stande sein, den Kindern , wann sie fehlen, zu zeigen, warum sie so und nicht anders buchstabiren müssen.
2. Sowohl das gedrukte als geschribene fertig lesen,
3. Nebst einer sauberen leserlichen Handschrift orthographisch zu schreiben wissen,
4. Die Lehren des Christentums nach dem kleinen und großen Catechismo, sowohl im Gedächniß als auch nach dem Verstand innehaben, daß er nicht nur die Lehren von GOtt und unserer Seligkeit einfältiglich erklären, sondern auch zeigen könne, wie solche zu einem christlichen Wandel anzuwenden seyen. und also die Pflichten ernstlich gegen Gott, zweitens gegen sich selbst, drittens gegen höhere und Vorgesetzte, und endlich gegen seinesgleichen, und niedrigeren, denen man vorgesetzt ist, deutlich machen könne.
5. Einen Spruch oder Frage aus dem Catechismo ordentlich, mit deutlichen Fragen, (…) zergliedern und verständlich machen können,
6. Die in Unserem Gesangbuch gewöhnliche Lieder singen, wenigstens jedoch durch die vorliegenden Noten ohne Anstand zu helfen wissen.
7. Einen guten Choral schlagen, wenigstens die Zeichen und Fundamente des General-Basses verstehen,
8. Im Rechnen, die sogenannte Species (1) und Regul de tri (2) mit und ohne Brüche innehaben,
9. Aus der Geometrie die Namen der Figuren, ingleichem was Quadrat- und Cubicschuhe(3) samt dessen Theilen wissen, (...)
10. aus der Grammatik wissen, was consonans, vocalis, und so weiter (...), wenigstens das Decliniren und auf jede Frage, was für ein Casus gesetzt werde, verstehen.
11. einen Aufsatz von einem Brief oder Bericht zu machen wissen.
12. Gereicht es Uns zu gnädigstem Wohlgefallen, wenn er (…) sich auch die vornehmsten Gründe der Mechanik, Baukunst und Naturlehre bekannt gemacht, wodurch die so nöthige ökonomische Kenntnis nicht weniger befördert wird. (...)(4)
Religionsunterricht, Rechtschreibung, Mathematik und die für die wirtschaftliche Entwicklung wichtigen Grundkenntnisse sollten also der Bevölkerung nahegebracht werden. Dazu brauchte es qualifizierte Lehrer. Wenn es damals also schon für erforderlich gehalten wurde, dies nunmehr per Examen sicherzustellen, mag man sich nicht ausdenken, wer alles die Kinder davor unterrichtet hatte. Samuel Friedrich Sauter mußte dieses Problem ebenfalls erkannt haben.
Bereits im Jahr 1800 gründete er eine Lesegesellschaft, der er bis 1816, also seinem Umzug nach Zaisenhausen vorstand.(5). Bei den Treffen wurden vor allem Bücher, die immer noch sehr teuer waren, gelesen, ausgetauscht, vertieft und besprochen, aber auch Zeitungen und Zeitschriften gelesen.
Dort begann der Wandel von der immer wiederholten Lektüre wie der Bibel oder eines Almanachs hin zur einmaligen Lektüre von Romanen und Abenteuergeschichten. In ihnen konnten aber auch Lehrer Zugang zu naturwissenschaftlichen oder gesellschaftspolitischen Büchern finden, die sonst für ein armes Dorfschulmeisterlein zu kostspielig gewesen wären und so neues und aktuelles Wissen in den ländlichen Raum tragen. Lesegesellschaften leisteten also einen wichtigen Beitrag zur Lehrerfortbildung und zur Erwachsenenbildung auf dem Land.
Anmerkungen:
(1) Species (eigentlich: Fünf Species): Das sind die vier Grundrechenarten: Addieren, Subtrahieren, Dividieren und Multiplizieren und die Grundlagen der Zahlentheorie.
(2) Regul de tri (eigentlich: regel de tri): Das ist der Dreisatz, hauptsächlich im Zusammenhang mit Geld, Maßen und Gewichten.
(3) Das sind die Hochzahlen.
(4) Gerstlacher, Carl Friedrich: Sammlung aller Baden-Durlachischen, das Kirchen- und Schulwesen, das Leben und die Gesundheit der Menschen, die Versorgung der Armen und Steuerung des Bettels, die innerliche Landes-Sicherheit, die Versorgung der Witwen und Waisen, die Verhütung des Feuersgefahr und Entschädigung der durch Brand verunglückten, den Erhalt der Wege und Straßen, die Beförderung des Nahrungsstandes und der Landwirtschaft und endlich die Aufnahme der Professionen und der Handwerker betreffenden Anstalten und Verordnungen; Metzler, Frankfurt und Leipzig, 1774, Digitalisat der Coulumbia University, New York, 2009.
(5) Killy, Walther, Literaturlexikon, Bd. 10, S. 212, Sp. 2; de Geryter, 2011.

Das Jubiläumsfest zum 250. Geburtstag von Samuel Friedrich Sauter am
23.Oktober 2016
Der Festtag begann um 14.00 mit einem Spaziergang "Auf den Spuren Samuel Friedrich Sauters". Startpunkt war der Standort des Geburtshauses in der Gochsheimer Straße 22 (ehemals Gasthaus Sonne).
Dort wurde eine Infotafel enthüllt.
Weiter ging es dann zum späteren Wohn- und Schulhaus und schließlich zum Sauterbrunnen.
Peter Lingenfelser, Autor der neu erstellten Biographie zu Samuel Friedrich Sauter, und Gabriel Blankenhorn begleiteten den Spaziergang mit kurzweiligen Erläuterungen und Gedichtvorträgen.
Bei Kaffee und Kuchen endete der Nachmittag in der nach Sauter benannten Grundschule. Um 18.00 Uhr begann in der Schlossgartenhalle der große Themenabend "250 Jahre Samuel Friedrich
Sauter".
Durch den Abend führte Peter Lingenfelser und die Gäste erwartete ein abwechslungsreiches, unterhaltsames und informatives Programm. Details aus Sauters Leben, einige seiner Gedichte und Lieder
mit Texten von ihm wurden vorgetragen. Ein "Sauter-Projektchor" unter Leitung von Philipp Lingenfelser, der Musikverein Flehingen und der Männergesangverein Flehingen waren weitere Mitwirkende
und präsentierten eine Mischung aus alten Volksliedern und neuen Melodien.